Offener Brief zum Kirchenasyl

Sehr geehrter Herr Koch,

Die Information über Ihren Rücktritt von Ihrem ehrenamtlichen Engagement in der Flüchtlingshilfe und die Vorfälle rund um das in Ihrer Gemeinde durchgeführte Kirchenasyl haben uns mit großer Betroffenheit erfüllt.

Worum geht es?
Die Aushöhlung des Kirchenasyls als einem überlieferten und vom Staat bislang respektierten Schutzraum für Menschen in Not. Gewährt wird es nur in seltenen und sorgfältig abgewogenen Fällen als ein Schritt, der Betreuern und Betreuten extrem viel abverlangt. Wie im Fall des von Ihnen im Kirchenasyl betreuten Syrers ein Schritt, nicht am Staat vorbei, sondern mit den entsprechenden staatlichen Stellen sorgsam abgesprochen.

Die Aushöhlung dieses Rechts macht uns moralisch ärmer und geht Hand in Hand mit einer schrittweisen Veränderung und zunehmenden Einschränkung unseres Asylrechts. Abschiebungen in Länder, in denen das Leben der Rückkehrer bedroht ist und die Abgabe von Asylverfahren an Länder, die Internierungslager für Flüchtlinge bauen und deutlich erklären ,dass sie keinen einzigen dieser Menschen aufzunehmen gedenken, sind nur zwei Beispiele dieser Haltung. In der Konsequenz wenden ehrenamtliche Helfer ein hohes Maß an Energie auf, um Flüchtlinge in einem Land zu sichern und zu schützen, in das sie gekommen sind, um Schutz zu finden. Was sollten sie auch sonst tun?

Worum geht es noch?

Unser Land erlebt neben der „Krise“ eine riesige, positive Welle von Engagement. Ehrenamtliche Helfer wie Sie setzen sich mit ihrer Kraft, ihrer Zeit, ihrem Wissen und ihrer Überzeugung für Flüchtlinge ein. Dabei übernehmen sie in hohem Maß Aufgaben des Staates: Vermittlung von Kursen, Finanzierung von Deutschunterricht, Begleitung zu Behörden – entscheidende Schritte zur Inte-gration. Ohne diesen Einsatz wäre die Mammutaufgabe, vor die die Krisenherde unserer Zeit uns stellen, nicht zu bewältigen. Umso mehr verdient dieser Einsatz staatliche Unterstützung, in jedem Fall aber Respekt und Wertschätzung!

Mit der Unterstellung, die Gemeinde hätte zwar formal das Kirchenasyl beendet, sich vielleicht aber nicht daran gehalten, wird diese Haltung des Respekts und der Wertschätzung aufgekündigt. Statt auf Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen zu setzen, hat sich die Behörde für Misstrauen und die Unterstellung kriminellen Verhaltens entschieden. Insofern ist Ihr Schritt, Ihr Ehrenamt niederzulegen, folgerichtig und nachvollziehbar.

Vor allem aber bedeutet er einen großen Verlust!

Ein Verlust für die Menschen, denen Sie helfen, für die Mitglieder Ihrer Initiative und für uns, die wir für die gleichen Werte einstehen. Ein Verlust, nicht zuletzt für diesen Staat, der einen engagierten Menschen aus dem Amt treibt.

Wir grüßen Sie mit Hochachtung von Initiative zu Initiative

Mitglieder der Flüchtlingsinitiative Kulturbuntes Bodenheim


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