4 Jahre Kulturbuntes Bodenheim – einige Worte zum „Geburtstag“

An einem grauen Sonntagmorgen Anfang 2019 hielt Pfarrer Thomas Schwöbel in Nackenheim eine Predigt zur Bootsfahrt von Jesus und seinen Jüngern auf dem See Genezareth. Ein Aspekt aus dieser Predigt zielt auf die Situation der Geflüchteten in Europa ab und berührt uns als Ehrenamtliche in der Integrationsarbeit. Er knüpft auch an unser Bedürfnis an, sprachfähig gegenüber rechten und rassistischen Angriffen zu sein.

Zur Erinnerung: Das Boot mit Jesus und den Jüngern gerät unerwartet in einen Sturm. Jesus, der erst schläft und geweckt werden muss, gebietet dem Sturm Einhalt, so dass das Boot mit allen Insassen gerettet wird (Matthäus 8, 23-27; Markus 4,35-41; Lukas 8,22-25). Im Folgenden Auszüge aus dem ersten Teil der Predigt:

Es handelt sich also um eine stürmische Geschichte, die hohe Wellen schlägt – bis zu uns heute ins Jahr 2019. Diese Bootsfahrt auf dem See Genezareth beschreibt auch unsere Fahrt durchs Leben, unseren Lebensweg, auf dem es neben der ruhigen See stürmische Zeiten und hohen Seegang gibt. Beschreibt die Angst, die wir haben, beschreibt aber auch das Glück der Rettung.
Dass die Fahrt mit dem Schiff ein gutes Vergleichsbild für unseren Lebensweg ist, zeigt sich in vielen Sprichworten, die aus der Seefahrt kommen und sich auf unser Leben beziehen: Da schlagen die Wellen über uns zusammen, wir sprechen von stürmischen Zeiten und davon, dass wir alle in einem Boot sitzen. Einer wird ausgebootet oder kommt vom Kurs ab. Klippen müssen umschifft werden. Jemand kann mit einer Sache stranden oder umgekehrt fährt in den sicheren Hafen ein. Wir kennen menschliche Wracks, und manche erleiden auf ihrem Lebensweg Schiffbruch. Und einige finden: Das Boot ist voll.

Wenn diese biblische Geschichte hohe Wellen bis zu uns schlägt, was können wir aus ihr herauslesen für uns 2019?

Etwa das: Das Boot gerät nicht in Seenot, weil es zu voll ist. Davon steht nichts im Text, und das sagen wir all denen, die meinen, dass Hilfesuchende aus anderen Ländern und Kontinenten keinen Platz mehr auf unserer MS Deutschland oder MS Europa haben dürften. Unsere Boote geraten dadurch nicht in Seenot, auch nicht das Lebensboot einzelner. Ganz im Unterschied zu den Schlauchbooten im Mittelmeer, die wirklich deshalb in Not geraten, weil sie hoffnungslos überfüllt sind mit Menschen, deren Angst und Not so groß ist, dass sie sich auf diese halsbrecherische Fahrt einlassen. Unsere Boote geraten dagegen in schweren Seegang, wenn ihre Besatzungen den weiten Blick zum Horizont der Nöte und Sorgen der Menschen anderer Länder und Regionen unserer Welt verlieren. Der weite Blick voraus ist in der Seefahrt unerlässlich. Deshalb gab es ja immer Fernrohre an Bord oder heute Radar und GPS. Und wo der weite Blick fehlt und wo die Kurzsichtigkeit von Nationalismus und Abgrenzung den gesellschaftlichen und politischen Kurs angeben, da gerät auch unser Schiff in gefährliche Gewässer. Aber dadurch, dass es zu voll sein soll mit Menschen, die Hilfe suchen, bestimmt nicht. Dadurch geriet weder das Boot damals auf dem See Genezareth noch gerät unser Lebensschiff heute in schwere See.


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